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Porträts bedeutender historischer Bochumer Frauen

Porträt von Agnes Lackmann

Porträts bedeutender historischer Bochumer Frauen

Ärztin im Dienste der Stadt Bochum

1893-1973

Porträt von Frau Agnes Lackmann, Ärztin im Dienste der Stadt Bochum, schwarz-weiß Aufnahme
Agnes Lackmann kam am 2. April 1893 als achtes von neun Kindern des Sanitätsrats Dr. Wilhelm Lackmann und der Elisabeth Laarmann, Tochter des Brauereibesitzers Aloys Laarmann und seiner Frau Henriette geborene Scharpenseel, zur Welt.

Sanitätsrat Lackmann erhielt im Dezember 1884 die Anstellung als Kassenarzt in Bochum. Die der Zentrumspartei nahestehende Westfälische Volkszeitung schrieb anlässlich seines 90. Geburtstages im Jahre 1932: Sanitätsrat Dr. Wilhelm Lackmann hat lange Jahre in Bochum gewirkt und steht hier heute noch in bestem Andenken als tatkräftiger Führer im öffentlichen und kirchlichem und vor allem parteipolitischen Leben. Vielen unserer Mitbürger wird noch sein Wirken als Präsident des Lokalkomitees des Bochumer Katholikentages (1889) und als langjähriger stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes der Propstei in Erinnerung sein.
1892 zog die Familie Lackmann nach Wolbeck im Kreis Münster und Wilhelm Lackmann eröffnete auf der Besitzung seines Vaters ein Sanatorium. Dort wurde auch Tochter Agnes geboren.

Agnes besuchte das Lyzeum und Oberlyzeum in Münster und bestand 1913 das Lehrerinnenexamen. Bis zum Jahre 1917 war sie als Hauslehrerin tätig. Dann studierte sie in Münster, München und Bonn Medizin. Im März 1920 bestand sie ihr Physikum in Münster mit gut. Klinische Semester folgten in Bonn, Hamburg, Heidelberg und Erlangen. In Erlangen absolvierte sie ihr Staatsexamen und promovierte 1924 mit der Auszeichnung magna cum laude.

1925 trat Agnes Lackmann als Stadtärztin beim Gesundheitsamt in den Dienst der Stadt Bochum. Wie schon ihre Vorgängerin, Fräulein Dr. Tiggemann, erhielt sie zunächst einen Privatdienstvertrag und war eine Gehaltsgruppe unter den männlichen Arztkollegen eingestuft. Seit 1928 übernahm sie auch die ständige Vertretung der Leitung des Gesundheitsamtes. Ihr Gesuch 1930 um Anhebung ihrer Besoldung wurde aber abgelehnt. Nebenberuflich erteilte sie Unterricht in Gesundheit- und Säuglingspflege an der Frauenschule des städtischen Lyzeums. Im Februar 1933 stellte sie einen Antrag auf Verbeamtung bei der Stadt. Der Leiter des Gesundheitsamtes lehnte in einer ersten Stellungnahme den Antrag mit folgender Begründung ab: "Frl. Dr. Lackmann ist zu einer Zeit eingetreten, als die Stadt bei der Besetzung der Arztstellen fast ganz auf weibliche Kräfte angewiesen war und hat sich seitdem bewährt, auch das Kreisarztexamen abgelegt. Grundsätzlich sollten freilich m(eines) E(rachtens) Stellen, die einen Mann ernähren können, einem Mann vorbehalten bleiben, da er eine Familie gründen kann."
Doch Agnes Lackmann ließ sich nicht beirren und beantragte erneut die Verbeamtung. Nun unterstützte Dr. Wendenburg sie: "Ich möchte besonders hervorheben, dass sie ... auch das sehr schwierige preußische Kreisarztexamen [1930] abgelegt hat und dadurch gezeigt hat, dass sie besondere Befähigung zum Dienst als beamteter Arzt besitzt. Darüber hinaus hat sie wissenschaftliche Untersuchungen an Hunderten von Kindern ausgeführt, welche zu guten praktischen wertvollen Ergebnissen geführt haben." Im November 1933 wurde dem Antrag dann stattgegeben, an ihrer Besoldungsgruppe änderte sich aber nichts.

Erst im Jahre 1949  erhielt sie die Ernennung zum stellvertretenden Kreisarzt und die finanzielle Eingruppierung als Obermedizinalrätin. "Nach einer damaligen Verfügung unter dem Naziregime durften Frauen weder leitende noch stellvertretende Stellen bekleiden", formulierte sie im Bewerbungsschreiben um die stellvertretende Kreisarztstelle 1949. In einem Antrag auf Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts aus dem Jahre 1957 schilderte Agnes Lackmann noch präziser: "Als dienstältester und einziger Stadtarzt mit abgelegtem Kreisarztexamen war ich bis 1934 ständiger Vertreter des Leiters des Gesundheitsamtes der Stadt Bochum. Aus dieser gehobenen Stellung wurde ich nach dem Eintritt des Dr. K. verdrängt. Ich wurde in den Aussenbezirk Gerthe versetzt. ... Für diese Maßnahme der Verwaltung waren ausschließlich politische Gründe massgebend. ... Dr. K. war alter und bewährter Kämpfer der NSDAP und Duzfreund des damaligen Kreisleiters Riemenschneider sowie des damaligen Oberbürgermeisters Piclum. ... Ich wurde, wie bereits erwähnt, in die Außenstelle Gerthe „abgeschoben“. ... Aber auch meine Abstellung hatte seine guten Gründe! Wegen meiner gegnerischen Einstellung zur NSDAP, meines offenen Bekenntnisses zur katholischen Kirche und meiner Treue zum damaligen Zentrum war ich bei den damaligen Machthabern mehr als unbeliebt. Nach meiner religiösen und politischen Einstellung war ich für das Amt des Stellvertreters des Leiters des Bochumer Gesundheitswesen völlig untragbar, ganz abgesehen davon, dass dem öffentlichen Gesundheitswesen im damaligen NS Staat Aufgaben zufielen, für deren Durchführung ich nach meiner ethischen Auffassung vom Arztberuf einfach ungeeignet war. Ich erinnere zum Beispiel nur an die sogenannten Nürnberger Blutschutzgesetze."

Zum 1. Januar 1957 ging Agnes Lackmann nach 32 Berufsjahren in den Ruhestand. Sie hatte über viele Jahre in der Tuberkulosenfürsorge, der Mütterberatung und der Beratungsstelle für Geschlechtskranke gearbeitet.

Sie starb am 9. Mai 1973 in Neuenkirchen. Die Grabstätte von Agnes Lackmann liegt in Bochum auf dem Friedhof am Freigrafendamm. Die Grabplatte wurde von dem Bildhauer Heinrich Schröteler gestaltet: Granit mit einer Bronzeplatte, auf der nicht der Name der Verstorbenen, sondern ein Shakespeare-Sonett steht. So war es der Wunsch von Agnes Lackmann, die bis zu ihrem Tod Mitglied der Bochumer Shakespeare Gesellschaft war.


Susanne Schmidt