Von 1925 bis 1933 bestimmte er als Oberbürgermeister die Geschicke der Stadt Bochum. Er war, zum Ende der Weimarer Republik, das letzte demokratisch gewählte Bochumer Stadtoberhaupt und wurde von den Nationalsozialisten durch falsche Anschuldigungen und Haft aus dem Amt gedrängt und in den Tod getrieben.
Otto Ruer, am 5. Januar 1879 in Münster geboren, stammte aus einem gutbürgerlichen jüdischen Elternhaus und war das jüngste von drei Kindern. Er studierte in Köln, Berlin und Heidelberg Jura und promovierte in Rostock. Ab 1907 war er als Rechtsanwalt am Berliner Kammergericht zugelassen. Zu seinen weiteren beruflichen Stationen gehörten unter anderem seine Tätigkeiten als Finanzrat der Stadtverwaltung Kiel ab 1914 und als Ministerialrat im Reichsinnenministerium ab 1921. Drei Jahre später wählte ihn die Bochumer Stadtverordnetenversammlung zum Oberbürgermeister. Sein Amt trat er im Januar 1925 an. Er war parteilos, stand aber der Deutschen Demokratischen Partei nahe. Zu seinen Verdiensten gehörte vor allem die Realisierung von sozial-, bildungs-, kultur- und verkehrspolitischen Konzepten. Er galt als herausragender Kommunalpolitiker, das schützte ihn aber nicht vor Anfeindungen. Schon früh, Ende der 1920er-Jahre, wurde er, auch wegen seiner Herkunft, zur Zielscheibe nationalsozialistischer Angriffe.
Mit der Machtübernahme Adolf Hitlers im Januar 1933 und der in den kommenden Monaten beginnenden Gleichschaltung verschärft sich die Lage für die politischen Gegner des Nationalsozialismus gravierend. Auch Dr. Otto Ruer bekommt dies zu spüren. Die Bochumer NSDAP wirft dem Oberbürgermeister unkorrekte Amtsführung, Verschwendung von öffentlichen Geldern und persönliche Bereicherung vor und erreicht am 11. März seine Amtsenthebung. Ruer flieht nach Berlin, wo er später verhaftet, nach Bochum gebracht und ins Amtsgefängnis überstellt wird. Bis zu seiner Entlassung im Mai 1933 kann die NSDAP ihre Macht weiter ausbauen. In diese Zeit fallen u.a. das Parteienverbot, die Zerschlagung der Gewerkschaften, der Aufruf zum Boykott gegen jüdische Geschäfte, Ärzte und Notare und die Ernennung Adolf Hitlers zum Ehrenbürger der Stadt Bochum.
Am 11. Mai wird Otto Ruer aus der Haft entlassen und geht zurück nach Berlin, wo er verzweifelt um seine Rehabilitation kämpft. Wenige Tage später wird der Nationalsozialist Dr. Otto Piclum zum kommissarischen Oberbürgermeister bestimmt und schließlich am 28. Juli 1933 zum neuen Oberbürgermeister gewählt.
Einen Tag später, am 29. Juli 1933, stirbt Otto Ruer nach einigen Tagen der Bewusstlosigkeit infolge einer Vergiftung, die er sich selbst zugefügt hat (Selbstmord), in Berlin. Am 31. Juli stellt der Bochumer Stadtrat das Dienststrafverfahren gegen Ruer ein und rehabilitiert ihn, weil die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben wurden, haltlos waren.